Wurstsammeln
Im Mittelalter wurde in Rellinghausen die Nachbarschaft gepflegt. Diese bestand z. B. darin, für das Trauergeläut zu sorgen, wenn jemand verstorben war. Ehrennachbarn, wie die Damen vom Stift Rellinghausen und die adlige Familie Vittinghoff-Schell, Besitzer von Schloss Schellenberg, waren von diesen Nachbarschaftshilfen befreit. Als Ersatz hatte sich die adlige Familie aber zu folgender Leistung verpflichtet: Am Fastnachtsmontag hielt sie eine 10 rheinische Fuß ( = 3,14 m ) lange Stange dichtgewundene Schweinsmettwurst zur Abholung durch die Nachbarn bereit und gab sämtlichen Nachbarn bis zum Anbruch der Dunkelheit Freibier.
Früher war es üblich, dass bei dieser Gelegenheit die neu aufgenommenen Mitglieder der Nachbarschaft einen mehrere Liter fassenden Krug austranken.
Seit dieser Zeit wurde nun Jahr für Jahr zu Karneval ein etwa drei Zentner schweres Schwein geschlachtet, um so auch Bedürftigen ein Feiern zu ermöglichen.
Im Laufe der Jahre wurde aus der Nachbarschaft die Bürger-Gesellschaft der Wirte und Kaufleute in Rellinghausen.
1909 war es allerdings mit dem „Wurstsammeln" vorbei, da der damalige Baron Friedrich Freiherr von Vittinghoff aus Verärgerung über einen verlorenen Gerichts-Prozess seinen Wohnsitz an den Niederrhein verlegte.
Einige junge Männer, die sich bereits 1906 zur „Gemütlichkeit" zusammengeschlossen hatten, entschieden, dass dieser alte und inzwischen sehr beliebte Brauch nicht der Vergangenheit angehören dürfe und initiierten daher das „Wurstsammeln" neu. Seit dieser Zeit werden am Karnevalsdienstag alljährlich bei Wirten und Kaufleuten mit Musik und Gesang von der 1. RKG„Gemütlichkeit Rellinghausen" Wurst, Getränke und andere Gaben gesammelt. Diese wurden in früheren Jahren dann in Anlehnung an die im Mittelalter begründete Tradition Bedürftigen, wie beispielsweise dem früher in Rellinghausen existierenden Armenhaus, zur Verfügung gestellt.
Heutzutage ist es bedingt durch modernere Gesetzgebung nicht mehr möglich, die ersungenen und erschunkelten Nahrungsmittel direkt einem caritativen Zweck zukommen zu lassen. So werden die gesammelten Gaben zum Abschluss der Karnevals-Session vereinsintern versteigert und der Erlös kommt einem wohltätigen Zweck zu. So konnte beispielsweise in den letzten Jahren jeweils ein angemessener Betrag an die „Elterninitiative krebskranker Kinder" übergeben werden.